Symptome und Diagnose

Die Abklärung einer Demenzerkrankung basiert auf klinisch-nervenärztlichen Befunden und den Ergebnissen von Zusatzuntersuchungen der Blut- und Liquor-Analysen sowie struktureller (CT/MRT) und funktioneller (fMRT, MR-Spektroskopie, PET) Untersuchungen. Sie sollte möglichst früh erfolgen, da ein rechtzeitiger Therapiebeginn die Prognose günstig beeinflussen kann.

Wichtiger Hinweis:

Bei den meisten degenerativen Demenzerkrankungen zeigt sich eine langsam fortschreitende Denk- und Persönlichkeitsstörung, die von einem zunächst unauffälligen Zustand bis zum Vollbild verläuft. Da Behandlungsmöglichkeiten möglichst früh eingesetzt werden sollen, muss bereits bei Vorliegen einer geringen Hirnleistungsstörung („mild cognitive impairment“ MCI, „leichte kognitive Störung“; s.u.) eine umfassende Diagnostik erfolgen.


Symptomverlauf bei Alzheimer

Zu Beginn der Erkrankung manifestieren sich Störungen der Merkfähigkeit und des Gedächtnisses, gelegentlich mit räumlichen Orientierungsstörungen. Im Verlauf vergessen die Betroffenen Namen, wichtige Ereignisse, Termine, sogar ganze Situationen, und verirren sich in nicht vertrauter Umgebung. In speziellen Wissensbereichen können allerdings über lange Zeit „Gedächtnisinseln“ erhalten bleiben. Anfangs ist die Fähigkeit, sich an weit zurückliegende Ereignisse zu erinnern, oft unbeeinträchtigt. Wegen der überwiegenden Neugedächtnisstörung leben die Patienten biographisch rückorientiert. In den ersten Jahren der Erkrankung bleibt das kognitive Defizit infolge erhaltener „Fassade“ der Umgebung oft verborgen. Aus diesem Grund sind Selbstbeurteilungstests, Aufklärungsarbeit und eine Enttabuisierung der „Vergesslichkeit“ für die Früherkennung wichtig.


Gedächtnisstörung

Klinisch steht eine Beeinträchtigung des episodischen Neugedächtnisses im Vordergrund. Situationen, die sich im Verlauf der letzten Stunden, Tage oder Wochen ereignet haben, werden entweder gar nicht oder in verworrener Reihenfolge bzw. nur bruchstückhaft erinnert. Dabei treten auch Konfabulationen auf, d.h. die PatientInnen überspielen ihre Gedächtnisstörung indem sie sich Ereignisse zusammenreimen. Die Funktionsstörung des semantischen Gedächtnisses äußert sich in Wortfindungsstörungen, die nicht ausschließlich das Namensgedächtnis betreffen. Vielmehr fallen dementen PatientInnen auch wichtige, insbesondere zusammengesetzte Worte (z.B. Schreibmaschine, Eisschrank) und Lehnwörter (z.B. Kabrio, Roulade) nicht mehr ein und werden umschrieben.

Sprachstörung (Aphasie)

Schon im Frühstadium verarmt der Sprachinhalt, die Sätze werde kürzer und die Grammatik fehlerhaft. Während die motorische Sprachfähigkeit (d.h. spontane Sprachäußerungen ganzer Sätze mit korrekter Betonung und Grammatik) und die Fähigkeit des Nachsprechens bis in fortgeschrittene Demenzstadien erhalten bleiben, sind vor allem Sprachsinnverständnis und Wortwahl gestört. Der schwerst demente Patient ist typischerweise mutistisch, wobei intermittierend immer wieder überraschend Sprachäußerungen (z.B. „ich bin blöd“, „ich will nach Hause“) gemacht werden.

Apraktische Störungen

Es handelt sich um Störungen Handlungen adäquat zu planen oder durchzuführen. Zeichen dafür
äußern sich häufig erstmals beim Kochen, später beim Autofahren, beim Anziehen und bei der Körperhygiene. Neben der ideomotorischen Apraxie, die gleichzeitig mit der Sprachstörung auftreten kann und das Alltagsleben kaum beeinflusst, besteht oft eine ideatorische Apraxie: Der Handlungsablauf ist in Hinblick auf die Reihenfolge gestört. Oft werden auch wichtige Teilhandlungen ganz oder teilweise ausgelassen. Damit wird das Verrichten alltäglicher Aufgaben wie das Binden von Schnürriemen, das Reinigen der Schuhe oder das Kochen erheblich beeinträchtigt. Diese apraktischen Störungen fallen den Angehörigen besonders auf, weil sie die selbst versorgenden Alltagsfähigkeiten der PatientInnen reduzieren.

Schon früh im Krankheitsverlauf kommt es zur Beeinträchtigung des Lesens und Schreibens. Die PatientInnen – zu diesem Zeitpunkt oft noch krankheitseinsichtig – reagieren bedrückt. Kopfrechnen ist oft früh gestört, wie überhaupt alle im Laufe der Entwicklung spätgelernten kognitiven Fähigkeiten zuerst verloren gehen. Im weiteren Verlauf kommt es auch als Folge der Gedächtnisstörung zur örtlichen und zeitlichen Desorientierung. Im Spätstadium werden die Orientierung zur Situation und zuletzt die Orientierung zur eigenen Person lückenhaft. Die Patienten sind nicht mehr imstande, komplexe Aufgaben zu lösen, auch die Konzentrationsfähigkeit wird zunehmend schlechter.

Der Krankheitsverlauf erfolgt in Umkehr zur normalen Entwicklung des Menschen. Der individuelle Verlauf ist variabel. Infolge aufwendiger Pflege und medizinischer Betreuung leben PatientInnen mit AD in Institutionen um Jahre länger als früher, sodass viele Patienten in hohem Lebensalter aufgrund anderer Erkrankungen sterben und das Terminalstadium der AD nicht erleben.

Überblick: Klinische Merkmale bei Alzheimer

  • Langsam fortschreitender Verlauf
  • Zunehmende Gedächtnisschwäche (anfangs biographisch)
  • Eines oder mehrere der folgenden Defizite:
    – Aphasie = Sprachbeeinträchtigung
    – Apraxie = Störung in der Ausführung willkürlicher, zielgerichteter und
    geordneter Bewegungen bei intakter motorischer Funktion
    – Agnosie = Erkenntnisschwäche der Sinne
  • Einbuße von Kompetenz u. Funktion in familiären, sozialen und beruflichen Bereichen im Vergleich zu früher
  • Einbußen bestehen länger als 6 Monate
  • Klares Bewusstsein
  • Verhaltensauffälligkeiten häufig im späteren Krankheitsverlauf